Zwanghafter Pornokonsum

Pornosucht und die Beziehung zu dir selbst

 

Nicht jeder Mensch der Pornos schaut ist süchtig danach. Während für einige Menschen der Konsum von Pornografie kein Abhängigkeits-Problem darstellt, kann er für andere zu einer Sucht werden, welche die gelebte Sexualität und das Leben erheblich beeinträchtigt.

Was passiert im Körper wenn Pornokonsum zu einem Suchtverhalten wird?

  • Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen tatsächlich gelebter Sexualität und Bildern, die nur im Kopf sind. Darum schüttet das Belohnungssystem des Gehirns beim Anschauen von Pornos (genauso wie bei real gelebter Sexualität) das Hormon Dopamin aus, das in uns Glücksgefühle auslöst.
  • Der Mensch fühlt sich gut, und will mehr davon.
  • Wenn wir dem nachgehen, gewöhnt sich das Gehirn an die „Dopaminflut“ und verlangt immer wieder danach.
  • Der*die Betroffene wiederholt dann diese Handlung, und verbringt immer mehr Zeit mit dem Konsumieren von Pornografie.
  • Um das gewünschte Maß an Befriedigung zu erzielen verlangt das Belohnungssystem nach Steigerung und stärkeren Reizen. Der Mensch stumpft ab und beginnt – um sexuell erregt zu werden – nach extremeren und härteren Inhalten zu suchen.
  • Irgendwann geht die Kontrolle über das Verhalten verloren, und der*die Betroffene landet im zwanghaften Verhalten, was in weiterer Folge negative Auswirkungen auf verschiedenste Lebensbereiche hat, wie zum Beispiel auf sein soziales Leben, seine Liebesbeziehungen, die berufliche Leistung und die körperliche Gesundheit.

 

Zwanghafter Pornokonsum und sexuelle Probleme
Eine häufige Auswirkung von zwanghaftem Pornokonsum sind sexuelle Problemen im realen Sex. Dadurch, dass bei betroffenen Menschen Sex vor allem im Gehirn abläuft, wird der Körper taub und de-sensibilisiert. Erektionsprobleme, Orgasmusprobleme, frühzeitiges Ejakulieren, stark Anspannung im Körper, verminderte Libido, Desinteresse an realem Sex zugunsten von Pornos, geringe sexuelle Selbstsicherheit (durch hohe Erwartungen aus unrealistischen Pornodarstellungen) können daraus hervorgehen.

Zwanghafter Pornokonsum und psychische Probleme
Nervosität, Anspannung, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Depressionen, Unsicherheit, geringes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Soziale Zurückgezogenheit, Schamgefühle, Innere Leere, Beziehungsprobleme – all das kann die Folge von zwanghaftem Pornokonsum sein. Um diesen Gefühlen entgegenzusteuern versucht der*die Betroffene das wiederum durch noch stärkeren Pornokonsum zu kompensieren. Dieser Kreislauf treibt den Menschen immer weiter weg von einer befriedigenden Lust und einer erfüllten Sexualität mit sich selbst oder mit einem anderen Menschen.

Wie kommt ein Betroffener/eine Betroffene aus dem zwanghaften Pornokonsum wieder heraus?

Solosex

  • Kehre zurück zu deiner eigenen genitalen Lust (die du in deinem Körper empfindest)
  • Lerne deinen Körper kennen, erforsche und entdecke ihn. Spiele mit den verschiedenen Qualitäten der Berührung am ganzen Körper. Entdecke deine erogenen Zonen.
  • Lerne die spezifischen Werkzeuge kennen, die du für deine körperliche Lust verwenden kannst, um sie zu entfachen, zu steigern und damit zu spielen. Dadurch lernst du Erregung in deinem Körper aufzubauen und Lust, Erektion, Orgasmus und den richtigen Zeitpunkt der Ejakulation sinnlich zu erleben.
  • Bringe tiefe Atmung und Bewegung in deinen Körper
  • Forsche nach weiteren Erregungsquellen: Wodurch kannst du dich außer durch Pornografie noch erregen?
  • Setze dich bewusst mit deinem Masturbationsverhalten auseinander. Der Körper soll die Chance erhalten, neue Empfindungen abzuspeichern. Tu dir Gutes bei der Selbstbefriedigung. Praktiziere „sexuelle Selbstliebe“ statt „Wichsen“ (das ist gegebenenfalls zu Beginn gar nicht so einfach, wenn du vielleicht nie gelernt hast, dir selbst Gutes zu tun, und dir das auch wert zu sein).

 

Paarsexualität

  • Sensibilisiere dein Belohnungszentrum im Gehirn wieder bewusst auf reale sexuelle Erlebnisse
  • Baue wieder einen emotionalen Bezug zu deiner Sexualpartnerin*deinem Sexualpartner auf. Bringe Intimität in deine Beziehung. Zeige dich dem anderen Menschen so wie du bist. Schau dir deine Angst vor Ablehnung, Abweisung, Scham und Schwäche an. Mute dich zu! Es kann sein, dass die Lust, die du am Anfang deines neuen Weges erfährst, nicht die Lust ist, die du bis jetzt gekannt hast. Es ist eine ganz-körperliche Lust an der auch dein emotionales Zentrum mitwirkt. Wenn wir den Mut haben, uns zu öffnen, uns zu zeigen und uns wirklich einzulassen, besteht auch die Möglichkeit in einer (sexuellen) Begegnung emotional genährt zu sein – oft ist es die emotionale Leere, die einen Menschen in das zwanghafte Verhalten treibt.
  • Gehe weg vom „Ficken“ zum „Liebe machen“. Mit dir selbst und mit dem Menschen dir gegenüber. Achtsame Sexualität zielt darauf ab, bewusster und respektvoller mit den eigenen Bedürfnissen und den Bedürfnissen des*der Partners*in umzugehen.

 

Aus dem Suchtkreislauf aussteigen

  • Lerne wahr zu nehmen, wie sich die Spannung in dir aufbaut, die dich in den Zwang führt. Schule deine Wahrnehmung. Wie fühlt sich der Spannungsaufbau in deinem Körper an?
  • Wenn du den Spannungsaufbau der dich zum zwanghaften Pornokonsum treibt bewusst wahrnehmen kannst, dann lerne den Zeitpunkt erkennen, wo du noch „abspringen“ kannst. Komme durch das Schulen deiner Wahrnehmung und die klare Entscheidung etwas zu ändern, wieder in deine Selbstermächtigung. Mit Bewusstheit kannst du Einfluss nehmen – du bist dem Zwang nicht ausgeliefert! Nimm bewusst wahr und lege dir vorher zurecht, was du stattdessen in diesem Moment tun möchtest: Tiefes Atmen, Sport, Laufen gehen, in den Wald gehen, jemanden anrufen…
  • Finde den Trigger heraus, der das zwanghafte Verhalten in Gang bringt und setze dich dieser Situation erstmal – wenn möglich – nicht aus.
  • Du wirst dich  wahrscheinlich der Situation nicht immer entziehen können, und das wäre vermutlich auch ziemlich einschränkend für dein Leben. Wenn du den emotionalen Auslöser jedoch schon kennst, kannst du lernen, ihm entgegen zu wirken und mit diesen Situationen anders umzugehen.
  • Stelle dir in weiterer Folge auch die Frage: was ist das eigentliche Bedürfnis hinter dem zwanghaften Pornokonsum? Welche Funktion hat das zwanghafte Verhalten? Lerne deine Gefühle und Emotionen und Bedürfnisse zu fühlen, zu verstehen und zu regulieren. Und lerne das Bedürfnis hinter dem zwanghaften Pornokonsum auf eine andere Weise zu befriedigen.


Einige abschließende Fragen persönlich an dich

  • Wie steht es um deinen Pornokonsum?
  • Hast du Kontrolle darüber wie lange und wie viele Pornos du schaust?
  • Kannst du einfach aus dir heraus stoppen?
  • Mit wieviel Bewusstheit und Reflexion schaust du dir Pornos an?
  • Erkennst du problematische Auswirkungen deines Pornokonsums in anderen Lebensbereichen, oder auch in deiner Solo- und/oder Paarsexualität?

 

Zwanghafter Pornokonsum und die Beziehung zu dir selbst

  • Konsumierst du zwanghaft Pornos?
  • Wenn ja, hast du schon mal zu deiner Beziehung zu dir selbst hingeschaut? Kennst du ein emotionales Leeregefühl in dir, das du mit deinem Pornokonsum zu stillen versuchst?
  • Wie schaut es bei dir mit den Themen Selbstliebe und Selbstwertschätzung aus?
  • Beobachte dich selbst: Welche Muster und Glaubenssätze arbeiten in dir? Wie redest du mit dir selbst? Wie gehst du mit dir um? Übe dich darin, liebevoll, geduldig und mitfühlend mit dir zu sein – in deinem Alltag, im Solosex und in der (sexuellen) Begegnung mit anderen Menschen.
  • Schaue dir eventuell auch deine Kindheit an. Gab es Menschen, die mit dir nicht liebevoll umgegangen sind? Was hättest du damals gebraucht? Wie kannst du die emotionale Leere die damals in dir entstanden ist, heute als Erwachsene*r für dich selbst nach-nähren?

 

Lass dich gegebenenfalls therapeutisch bei diesem inneren Prozess begleiten. Die Themen Selbstliebe und Selbstwertschätzung können ein wichtiger Schlüssel sein, um aus dem zwanghaften Pornokonsum heraus zu kommen.

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